Zu einem Zitat aus der «Einführung in die Evangelische Theologie»

11.11.2019

Einem Kartographen ähnlich zeichnet Karl Bart in der sechsten Vorlesung der ‹Einführung in die evangelische Theologie› eine von vier Grundkoordinaten theologischer Existenz nach. Für ihn ist ‹Verwunderung› Voraussetzung und Merkmal theologischen Denkens und sie ist dem philosophisch-sokratischen ‹thaumazein – staunen, sich wundern› vergleichbar. Sie prägt den Menschen, der sich auf die Suche begibt und der theologisch ‹die Segel gesetzt› hat.

Weil es in der Theologie und im Glauben um das Hören auf das Unerwartete (Gottes Wort) geht, ist jede Form der Besserwisserei und des Déjà-Vu im Erkenntnisprozess hinderlich. Weil Gott und die Rede von ihm kein ‹Hausutensil› ist (z.B. eine Art Büchsenöffner), sondern etwas Befremdliches und Unzähmbares, bleibt theologische Existenz der Verwunderung wie dem Wetter auf hoher See bleibend ausgesetzt.

Wo ein Mensch, eine Gemeinde bzw. Kirche aufhört sich zu wundern, hat er oder sie den heiligen Geist zur ‹Zimmerlinde› (Kurt Marti) gemacht und sich allzu wohnlich in der eigenen Stube eingerichtet. Hier wird es – Gott sei Dank, würde Karl Barth sagen – bald zu eng. Man kann ja nicht leben ohne Frischluft und auch nicht segeln bei Windstille. Daran erinnert mich das Karl-Barth-Jubiläum bei meiner Arbeit in der Gemeinde auch ohne Blick aufs Meer.

Pascale Rondez