Warum wir nichts tun können

Einspruch! Kolumne von Georg Rieger


© G. Rieger

Mit der Hochwasser-Katastrophe lässt uns der Klimawandel erste Folgen spüren, wie es sie in anderen Gegenden der Welt längst gibt. Damit ist doch endgültig klar geworden: Es muss sich dringend etwas ändern – und zwar sehr schnell.

Die Kräfte, die sich dieser Einsicht verweigern und politisches Handeln in diese Richtung verhindern wollen sind stark. Und sie bedienen sich schamlos unserer Naivität. Wir Verbraucher hätten es doch selbst in der Hand, heißt es, durch unsere Entscheidungen dem CO2-Verbrauch entgegenzuwirken. Weniger Fleisch essen, nicht mehr fliegen, ein E-Auto kaufen – es gibt so viele gute Vorschläge. Und wir sollen uns schämen, wenn wir sie nicht umsetzen. Dann sind wir eben selbst schuld, wenn es mit der Erderwärmung weitergeht.

Und so treiben uns wichtige Fragen um: Ist das E-Auto wirklich umweltfreundlich und die Baumwollklamotten wirklich nachhaltiger als Kunstfasern? Sind hohe Sprit- und Flugpreise nicht irgendwie auch unsozial? Ist Honig gesund oder ein weiterer Grund für das Bienensterben? 

Es gibt so viele Fragen. Und noch mehr (widersprüchliche) Antworten. Wir müssen uns also noch besser informieren, eine Meinung bilden und engagiert diskutieren. Doch! So wird es ganz sicher klappen, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Wir müssen uns einfach nur noch mehr anstrengen.

Die Idee, uns Verbraucher für die Umweltzerstörung verantwortlich zu machen, haben nicht die Grünen erfunden, sondern die Erdölindustrie. Genauer die Firma British Petroleum, besser bekannt unter dem Kürzel BP. Die PR-Agentur Ogilvy & Mather startete in deren Auftrag 2004 eine Kampagne und brachte den Begriff des „carbon footprint“ in die Diskussion. Jeder Mensch könne sich mithilfe eines Kalkulators ausrechnen, wie er oder sie zur Erwärmung der Erdatmosphäre beiträgt. Somit war die Verantwortung von den Erzeugern hin zu den Verbrauchern verlagert. Und die nahmen das schuldbewusst entgegen und gaben sich von da an redlich Mühe. BP unterstützte das neue Bewusstsein sogar mit einer weiteren Kampagne mit dem Slogan „It’s time to go on a low-carbon diet.“ Gegen die eigenen Geschäftsinteressen Werbung zu machen traut sich nur, wer weiß: Es klappt sowieso nicht. Und genau das ist passiert.

Übrig geblieben ist der tiefsitzende Glaube, wir könnten es durch individuelle Entscheidungen schaffen, globale Probleme zu lösen. Die Kräfte, die sich einer effektiven Klimapolitik entgegenstellen, haben es geschafft, uns auf einen Holzweg zu leiten. Der fühlt sich unter unseren Füßen schön ökologisch an, führt aber leider trotzdem auf einen Abgrund zu.

Wenn wir ehrlich sind, können wir nur sehr wenig tun. Viele kleine Schritte bewegen etwas, klar! Aber es gibt einen Faktor, der uns sonst in die Hände spielt, in diesem Fall aber limitierend ist. Und das ist die Zeit. Es ist kein Alarmismus, sondern eine Tatsache, dass der Temperaturanstieg bereits bei 1,2 Grad liegt und die bisher beschlossenen Maßnahmen 1,5 Grad schon nicht mehr aufhalten können. Es ist also eigentlich schon zu spät. Aber Aufgeben ist trotzdem keine Option. Solange es uns Menschen gibt, suchen wir nach Lösungen. Und die gibt es.

 

Mark Kaufmann, The Carbon Footprint Sham, https://in.mashable.com/science/15520/the-carbon-footprint-sham


Georg Rieger
Einspruch! Kolumne von Georg Rieger

Wir müssen uns allesamt politisieren und die Politiker*innen den Druck spüren lassen, dass jetzt bald etwas passieren muss: eine gemeinsame und effektive Anstrengung, um den Klimawandel aufzuhalten.