Streiten für die Kirche Jesu Christi

30.09.2019

Karl Barth war kein prinzipieller Pazifist. Zwar lehnte er 1914 den Krieg grundsätzlich ab und bezog nach 1945 gegen die Hoch- und Atomrüstung Stellung, doch war er spätestens 1938 von der Notwendigkeit des Krieges gegen das nationalsozialistische Deutschland überzeugt.

Im September 1938 schien der Ausbruch des Krieges erstmals unvermeidlich. Die Nationalsozialisten forderten den Anschluss der mehrheitlich deutsch besiedelten Randgebiete der mit England und Frankreich verbündeten Tschechoslowakei an das Deutsche Reich. Das «Münchner Abkommen» vom 30.09.1938 zwang die Tschechen, diese Gebiete gegen Garantien für den Bestand des übrigen Staates an Deutschland abzutreten. Der «Frieden» schien gerettet; in Wirklichkeit nutzte Deutschland den Aufschub nur, um weiter massiv zu rüsten, und marschierte sechs Monate später auch in die sogenannte «Rest-Tschechei» ein.

Auf dem Höhepunkt der Krise schrieb Barth an den Prager Theologen Josef L. Hromádka. Wissend um «die unendliche Last und Not», die ein Krieg unvermeidlich bedeuten würde, führte er aus: «Dennoch wage ich es zu hoffen, dass die Söhne der alten Hussiten dem überweich gewordenen Europa dann zeigen werden, dass es auch heute noch Männer gibt. Jeder tschechische Soldat, der dann streitet und leidet, wird es auch für uns – und, ich sage es heute ohne Vorbehalt: er wird es auch für die Kirche Jesu Christi tun, die in dem Dunstkreis der Hitler und Mussolini nur entweder der Lächerlichkeit oder der Ausrottung verfallen kann.»

Selbst von Barths engen deutschen Freunden aus der Bekennenden Kirche wandten sich nach der Veröffentlichung dieses Schreibens einige offen oder stillschweigend von ihm ab.

Peter Zocher